
Foto: Rene Walther
Auf PSS aufmerksam gemacht hat mich der Artikel in
https://www.modellflugsport.ch/heft/mfs-5-2019
von Martin Zürcher mit den professionellen Fotos von Rene Walther und Ürsu Brechbühl. Ich kannte diese Cracks damals noch nicht, sie wurden aber in der Zwischenzeit alle zu meinen Freunden.
PSS kommt aus England und heisst Power Scale Soaring. Also das vorbildgetreue bauen und fliegen von im Original motorisierten Flugzeugen als Modell im Segelflug.
Weil Segelflug seit Kindsbeinen meine Disziplin ist, dachte ich mir: Wäre super, auch in dieser Liga mitzuspielen, wenngleich dieses Ziel schon etwas hoch gesteckt ist.
Heute erlaubt mir mein Budget zwar auch die Beschaffung von Motoren, aber meine Leidenschaft fürs Segelfliegen ist geblieben. Für immer. Viel spannender!!!
Bloss: ein geeignetes PSS Fluggerät fehlte.
Die Nische des DH112 Venom war bereits von Fredy Genther besetzt. Das Foto mit der Bergdohle war mir Inspiration! (Siehe Artikel oben)
Auch ein Vampire DH 100 https://de.wikipedia.org/wiki/De_Havilland_DH.100_Vampire von Hans Roser flog offenbar schon an Schweizer PSS Hängen.
Ein paar Monate lang passierte nichts konkretes, aber in meinem Kopf rumorte es.
Einen RC-Vampire DH100 mit Raketenantrieb hatte ich einst im Mai schon mal gebaut. Der hatte auch ganz leidliche Segelflugeigenschaften trotz ziemlich hoher Flächenbelastung, obwohl er dann letztlich leider zum Explodieren neigte.
Sein Zwillings-Schwesterchen schwebt zwar bis heute über meinem Schreibtisch, ist aber bis dato traurigerweise (noch) nie geflogen.
Ein recht detailierter DH100 Fünfseitenriss mit Rumpfquerschnitten befand sich schon seit Jahren auf meinem Computer, weil ich mich seit jeher zu de Havilland Designs hingezogen fühlte.
Sir Geoffrey de Havilland https://de.wikipedia.org/wiki/Geoffrey_de_Havilland war seiner Zeit als Konstrukteur um Meilen voraus.

In meinen frühesten Kindheitserinnerungen taucht die obige Silhouette auf…
Im Winter 2019/2020 begann ich dann, meinen Plan ziemlich hemdsärmlig in die Tat umzusetzten.
Als Vorbild diente mir mein treuer Highlight Segler, welcher mir schon seit zwei Jahrzehnten Gesellschaft leistet und welcher dabei gezeigt hat, was in ihm steckt.
(Guckstu Zäziwil etwas weiter unten in diesem Blog.)
Profil (MH32), Flügelfläche, Gewichtsbudget, Einstellwinkel, Schwerpunktlage und all sowas wurde gnadenlos abgekupfert.
Der obige Plan wurde auf die passende Grösse skaliert, ebenso die Flügelprofile.
Bei der Flügelstreckung musste ich Kompromisse machen. Ich habe die des Originals durch Vergrössern der Spannweite um ca. 15% erhöht.
Das ist visuell aus den meisten Perspektiven kaum erkennbar.
Es resultierte eine Spannweite von 1320mm, bei 700g Lebendgewicht, und das ganze wirkt letztendlich irgendwie sleeker und sexyer, ohne dass der Charakter des Designs leidet.
Zudem hat der Rumpf durch die Verschlankung relaitv eine etwas geringere Stirnfläche, was beim Speeden von Vorteil ist.
Rumpf und Leitwerksträger
Mit dem Rumpf habe ich dann auch gleich angefangen. Gefertigt aus 20mm Styropor Schichten in Profil-Relief-Bauweise:

Zusammengepappt, verschliffen dann alles überglast und verspachtelt:

Etwa so:

Ähnliches Vorgehen bei den Leitwerksträgern, welche allerdings noch mit je drei Kohlefaser Flachstäbchen verstrebt wurden:

Flügel
Der Flügel ist in Weiterentwicklung einer Bauweise gefertigt, welche ich einst für mein einziges je kommerziell gefertigtes Modell „Rocketeer Mk 5“ selbst entwickelt habe:
Depron-Rippenbauweise. Platten aus 3mm Depron (Extrudiertes Polystyrol) werden dabei auf der Aussenseite zuerst mit Orastick-Folie beklebt.
Anschliessend wird der Flügel mit Carbon Roving/Balsa Holm auf einem vorgefertigten Helling in Rippenbauweise aufgebaut:

Die Flügelnase wird von einem 3mm Kohlefaser Rundstab definiert. Das ist sehr robust, insbesondere, da es bei einer Kollision durch Rippen und Holm abgestützt wird.
Alle Einbauten wie Bowdenzüge oder Kabel und Servohalterungen können beim Aufbau gleich mit einfliessen.
Die Vorder- und Endkanten werden zurechtgeschliffen und beim Zusammenkleben mit Epoxy gleich mit Glasfasern verstärkt.

nach fertigem Aufbau wird alles mit 24 Stunden Epoxyharz zusammengeklebt und gehärtet:

Gott gebe, dass es klebe….
Anschliessend werden noch die Ruder ausgeschnitten, Servos eingebaut, Wingtips angeklebt und bespannt und dann ist der Flügel eigentlich schon weitgehend fertig.
Das Ankleben des Leitwerks erfolgt später.
Leitwerk
Fummelei allenthalben, aber kein Hexenwerk. Merke: Ein gespartes Gramm im Heck erspart später drei Gramm Blei in der Nase.


So langsam nimmt die Geschichte Formen an…
Endmontage
Ich habe meinen Vampire so designt, das er komplett aufgebaut in den Kofferraum meines Autos passt. Darum wird er als Ganzes aufgebaut und nie mehr zerlegt.
Weil die Gabelschwanzkonstruktion geometrisch doch anspruchsvoll ist, kann so alles mit passenden Lehren auf dem Werktisch aufgebaut werden:

Ah, ja: ein Cockpit fehlt noch… Kein Problem:

Was habe ich gesagt? Ein Gramm zuviel im Heck gibt drei in der Nase? Bitter!
Das Design alleine wäre bloss 600g schwer, muss aber zur richtigen Schwerpunktlage mit satt 100g Blei austariert werden, und das, obwohl ich die RC Einbauten so weit wie nur irgend möglich nach vorne verlegt habe.
So komme ich dann halt auf 700g Lebendgewicht.
Der Vampi zieht damit allemal gut durch, und pfeift noch ein Liedchen von Freiheit und Speed dabei, fast wie sein grosser Bruder. Er will aber geflogen sein.

Habe Fertig

Ich hab auch noch einen Druckpropellereinsatz und sogar einen Raketenfurz zum hinten reinschieben gebaut. Der ebenfalls angedachte Impeller wurde nie Realität, da ich aus aerodynamischen Gründen auf die Lufteinläufe verzichtet habe. (Hat das überhaupt schon jemand bemerkt???)
Letztendlich hat mein Vampire nach ein paar Probewürfen auf dem Platz aber schon beim PSS Erstsegelflug so gut performt, dass ich beschlossen habe, das Baby ausschliesslich im PSS Modus ganz ohne jegliche Motorisierung zu betreiben.
Am Haken mit Gummiflitsche ist ggf. die einzige Energiezufuhr. Reicht zum locker zum Schnüffeln.

Muffensausen beim Jungfernflug am Haushang…

…über dem Hallwilersee (Foto: Elmer Gossel)
Into the PSS Business
Nun wurde es Zeit, mich bei der ehrenwerten PSS Gesellschaft anzumelden.
Unser IG Hang Kollege Tobias Strebel hat mich mit Martin Zürcher bekannt gemacht, ich habe Martin kontaktiert, und wurde herzlich aufgenommen. So ergab eins das andere:
Am 20.6.2020 wurde ich zum ersten PSSAS Treff auf die Grimmialp https://webalbum.mgthun.ch/2020/PSS-Grimmialp/index.html eingeladen und mein Vampire durfte unter seinesgleichen zeigen, was er kann:

Es folgte noch im selben Jahr die Feuertaufe auf der Furka. https://webalbum.mgthun.ch/2020/PSS-Furka/index.html


Fotos: Rene Walther
… wo dann schon ziemlich die Post abgeht:
Video: Urs Brechbühl

In der PSS Gruppe habe ich Seelenverwandte gefunden, welche auf der selben Wellenlänge ticken.
Ich kann diese Disziplin nur jedem, welcher an Modellsegelflug ernsthaft interessiert ist, wärmstens empfehlen.
Dieses gemeinsame Ballet mit einem Wanderfalken wird mir für immer unvergesslich bleiben:

Foto: Rene Walther (weitere Bilder aus dieser Serie in https://webalbum.mgthun.ch/2021/PSS-Furka/index.html , so ab Bild 23)
Hier noch ein Link zum letztjährigen PSS treff auf der Furka, welcher an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden im Herbst bei besten Bedingungen stattfand:
https://webalbum.mgthun.ch/2022/PSS-Furka/index.html
und der Facebook Link zur Englischen PSS Gruppe, wo alles angefangen hat. Völlig abgefahren…
https://www.facebook.com/groups/PSS.Power.Scale.Soaring
Ach ja, und mein nächstes PSS Design ist auch schon in der Mache. Wieder ein De Haviland, diesmal wird es der legendäre rote Comet. Schmankerl gibts regelmässig auf meinem Whatapp Status.
Erstflug bereits am 32.Dezember 2029
Foto: Rene Walther
